Demenz als Herausforderung für die Zukunft
Wissenschaftler suchen und finden stetig neue Therapieansätze zur Demenzerkrankung – einige interessante Entwicklungen möchten wir Ihnen in diesem Artikel vorstellen.
Prognosen für die künftige Entwicklung
Im Jahr 2035 werden rund drei Millionen Österreicherinnen und Österreicher älter als 60 Jahre sein. Etwa 5 bis 7 Prozent der Menschen über 60 leiden an einer Demenz, wobei Alzheimer die häufigste Form dementieller Erkrankungen ist. Gibt es in Österreich 2018 schätzungsweise 100.000 Alzheimerkranke, so wird bis 2050 mit rund 230.000 Betroffenen gerechnet. Hinter diesen nüchternen Zahlen verbergen sich viele persönliche Lebensgeschichten. Das wissen Sie als Betroffene und Angehörige am allerbesten. Die Suche nach Therapieansätzen für die Zukunft ist deshalb ein wichtiges Ziel der Demenzforschung.
Der aktuelle Stand der Forschung
Gut bekannt sind inzwischen die wichtigsten Risikofaktoren für dementielle Erkrankungen. Forscher plädieren für eine gezielte Kontrolle dieser Faktoren.
Können Sie einer Demenzerkrankung tatsächlich vorbeugen? Ergebnisse einer finnischen Studie belegen, Kombinationen aus Ernährungsempfehlungen, regelmäßigem körperlichem und kognitivem Training und einer laufenden Kontrolle von Risikofaktoren wie erhöhtem Blutdruck sowie zu hohen Blutzucker- und Blutfettwerten können die kognitiven Fähigkeiten von Menschen mit Demenzrisiko erhalten und sogar verbessern.
Eine Langzeitstudie, die mehr als 1.000 Priester, Mönche und Nonnen untersucht hat, zeigt: In soziale Netzwerke eingebundene Menschen bauen selbst bei pathologischen Veränderungen im Gehirn weniger kognitive Fähigkeiten ab als vereinsamte Menschen. Wichtig ist demnach sozial aktiv und kontaktfreudig zu bleiben.
Einen genaueren Einblick in die Forschung erhalten Sie im Beitrag “Aktueller Stand der Forschung”.
Neue Forschungsansätze in puncto Demenz
Big Data
Das Kürzel „Big Data“ steht für das Erfassen, sinnvolle Verknüpfen und Analysieren großer Datenmengen, was dank hoher Rechenleistungen heute in immer kürzerer Zeit realisierbar ist. Gelingt es, Daten möglichst vieler Demenzkranker zu erfassen und wissenschaftlich auszuwerten, „könnten wir unsere Modelle vom Verlauf der Demenz verbessern, die Risikofaktoren und die Ursachen der Krankheit besser verstehen und früher diagnostizieren“, sagte Prof. Ana Isabel Verdelho auf dem 4. Congress der European Academy of Neurology (EAN).
Dabei geht es um äußerst sensible Daten – Fragen des Datenschutzes sind bislang noch nicht befriedigend geklärt.
Genforschung
Einige Genvarianten, die das Krankheitsgeschehen beeinflussen, sind schon länger bekannt. Das Vorhandensein der Gene TMEM106B, UNC5c und ENC1 kann eine größere Widerstandsfähigkeit hinsichtlich krankhafter, unter anderem bei Alzheimerpatienten zu beobachtenden Veränderungen bewirken. Das Gen TMEM106B kann darüber hinaus auch vor fronttemporalen Demenzerkrankungen schützen. In jüngster Zeit werden zunehmend auch Gen-Mutationen entschlüsselt, die das Demenzrisiko beeinflussen, wie beispielsweise in einer internationalen Studie unter Beteiligung der Universitätsklinik für Neurologie in Graz. Die dabei entdeckten und beschriebenen drei neuen Mutationen könnten „gute Ansatzpunkte für neue Therapien liefern“, so Prof. Dr. Reinhold Schmidt, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie.
Ein Impfstoff gegen Alzheimer
Inzwischen ist die Bedeutung von Beta-Amyloid und dem Tau-Protein für das Entstehen und Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit gut bekannt. Das Einzelmolekül Beta-Amyloid neigt dazu zunächst Cluster, also Gruppen, zu bilden, die im Gehirn noch frei beweglich sind. Später können sich daraus jedoch gesundheitsgefährdende Plaques (Ablagerungen) bilden, die für Alzheimererkrankungen charakteristisch sind.
Das Tau-Protein ist im menschlichen Organismus für den fortschreitenden Verlust der Struktur und Funktionsweise von Neuronen (Nervenzellen) bis hin zum Absterben von Neuronen verantwortlich. Bei Alzheimerpatienten ist dieses Protein verändert. Aktuelle Therapien setzen hier an.
Die Ergebnisse von Phase-1 der weltweit ersten, in Österreich durchgeführten Tau-Impfstudie stimmen hoffnungsvoll. Patientinnen und Patienten sprachen sehr gut auf den Impfstoff an. Der Impfstoff wird nun in einer Phase-2-Studie geprüft. 2019 sollen die Ergebnisse vorliegen.
All diese aussichtsreichen Forschungsansätze können dazu beitragen, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken.