Leben im Demenzdorf

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Leben im Demenzdorf

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Gleich ein ganzes Dorf als alternative Wohnform für Menschen mit Demenz zu bauen hat ihren Ursprung in „De Hogeweyk“, 20 Kilometer von Amsterdam entfernt. Die Idee entstand, als ein baufälliges Pflegeheim abgerissen werden musste.

Stattdessen wurden viele kleine Häuschen, ein Teich, Straßen, Geschäfte und Plätze gebaut. Die Bewohner können sich frei bewegen ohne sich zu verirren, denn die Wege sind so angeordnet, dass man letztlich wieder am Ausgangspunkt ankommt. Für die Bewohner bedeutet dies etwas Normalität in einer „ver-rückten“ Welt.

Mikrowelten für Demenzkranke

Ein Ausflug zum Teich, um an der Promenade zu flanieren oder ins Restaurant, um sich mit Bekannten zu treffen ist für die 150 Bewohner von De Hogeweyk möglich. Sie sind zu sechst oder acht in kleinen Häuschen untergebracht – milieugerecht. Das bedeutet, dass vom feinen Porzellan bis hin zur etwas rustikaleren handwerklichen Einrichtung das Umfeld auf die Bewohner angepasst wird. Das beschränkt sich nicht nur auf die Einrichtung, sondern auch auf die Betreuung.

Und wenn es ein „Verbot“ gibt, dann das, dass die Betreuungskräfte keine weiße Berufsbekleidung tragen und in Alltagskleidung ihren Dienst verrichten. Dass Kritiker trotzdem von einem „Ghetto“ für Demenzkranke sprechen, findet seine Begründung darin, dass das Dorf eingezäunt ist und nur über einen zentralen Ein- respektive Ausgang verfügt. Auch der Vorwurf der Isolation steht im Raum.

Isolation oder maximal mögliche Freiheit?

Die harschen Vorwürfe, dass demenzkranken Menschen in Demenzdörfern (es gibt bereits Nachfolgeprojekte etwa in Deutschland) eine Realität vorgegaukelt werde oder sie „weggesperrt“ werden, ignorieren die Realität des Pflegealltags in Heimen respektive der Betreuung zu Hause: Angehörige, die den Erkrankten tagelang suchen müssen, Pflegeheime, die keine Demenzstationen haben, verhaltensauffällige Bewohner ruhig stellen und auch sonst von einer adäquaten Betreuung weit entfernt sind.

Erfahrungsberichten zufolge sind die „Einwohner“ von „De Hogeweyk“ oder dem Demenzdorf in Hameln weitaus ruhiger und weniger depressiv als in regulären Betreuungseinrichtungen. Das zeigt sich auch im Vergleich der Gabe von Beruhigungsmitteln oder Antidepressiva. Und so bewahrheitet sich auch hier: allen Menschen Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.

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