Vertraute Umgebung für mehr Lebensqualität
Wie müsste die Umgebung für Menschen mit Demenz gestaltet sein, damit sie sich zuhause und sicher fühlen? – Mit dieser Frage haben sich australische und britische Forscher in einer Studie beschäftigt. Dafür haben sie zum einen pflegende Angehörige und Menschen mit Demenz und zum anderen professionelles Pflegepersonal nach ihrer Einschätzung befragt. Während für die sichere Pflege vor allem die Raumgestaltung eine Rolle spielt, empfanden Betroffene und ihre Angehörigen es als besonders wichtig, vertraute Eindrücke im Umfeld zu schaffen:
Die Sinne ansprechen und Zugang zur Natur ermöglichen
Wenn das Gedächtnis mit dem Fortschreiten der Erkrankung immer weiter nachlässt, werden Sinneswahrnehmungen umso wichtiger für die Betroffenen. So können zum Beispiel das Vorspielen eines Lieblingslieds, vertraute Gerüche und Geschmäcker das Wohlbefinden der erheblich steigern und mitunter schöne Erinnerungen wachrufen. Besonders eindrucksvoll ist für die meisten Menschen das Erleben der Natur. Der Wind im Gesicht, das Zwitschern der Vögel, der Duft der Blumen oder das Gefühl von Sonne auf der Haut sind auch im späten Stadium der Krankheit noch sehr vertraute Reize, die Betroffenen Halt und Ruhe geben.
Soziale Kontakte und das Gefühl, zu Hause zu sein.
Der Kontakt zu anderen Menschen wurde von pflegenden Angehörigen und Menschen mit Demenz ebenfalls als wichtig fürs Wohlbefinden benannt. Ob gemeinsame Runden, in denen gesungen oder gespielt wird oder der Besuch eines lieben Verwandten – der Umgang mit anderen tut der Seele gut. Darüber hinaus berichteten pflegende Angehörige in den Gruppendiskussionen von der positiven Wirkung von Haustieren: sie beruhigen die Betroffenen und helfen ihnen, sich ihrem Umfeld wieder zu öffnen. Besonders bei fortgeschrittener Demenz können auch Kuscheltiere oder Puppen eine ähnlich beruhigende, wohltuende Wirkung haben, berichteten Angehörige und Pflegepersonal aus ihren Erfahrungen.
Einig waren sich die Studien-Teilnehmer, dass es hilfreich ist, wenn sich die Betroffenen in ihrer Umgebung zu Hause fühlen können – in Räumlichkeiten mit eigenen Bildern, Fotos, Zimmerpflanzen, einem Fernseher und anderen gewohnten Einrichtungsgegenständen. Veränderungen, etwa ein Wechsel in eine unbekannte Umgebung oder Pflege-Einrichtung, werden von Menschen mit schwerer Demenz oft als beängstigend empfunden, weil die gewohnte Orientierung fehlt.
Würde, Ruhe und Sicherheit bewahren
Unruhe, Lärm und zu viele visuelle Reize können Menschen mit Demenz im späten Stadium überfordern und belasten – das ist vor allem bei der Unterbringung in einer Pflege-Einrichtung zu beachten. Diese sollten laut der Studie möglichst so eingerichtet sein, dass sie den Betroffenen Ruhe, Barrierefreiheit und leichte Orientierungsmöglichkeiten bieten – ohne Stufen und Stolperfallen, mit farblichen Markierungen, kurzen Wegen und ohne verwinkelte Gänge. Technische Hilfsmittel von höhenverstellbaren Betten mit Schutzgitter bis zur Webcam mit Monitor, die eine schnelle Kontaktaufnahme mit Angehörigen ermöglicht, wurden von allen Befragten als hilfreich angesehen. Gerade wenn die Zeit des Pflegepersonals begrenzt ist, kann so ein Gefühl von Sicherheit vermittelt werden. Wichtig war den Studienteilnehmern, dass die Demenzkranken mit Würde und Respekt behandelt werden.
Einzig bei der Privatsphäre unterschied sich die Meinung der Teilnehmer, ob Menschen mit Demenz lieber in einem eigenen Zimmer oder zusammen mit anderen untergebracht werden sollten; beziehungsweise sich bei häuslicher Pflege gemeinsam mit der pflegenden Partnerin oder Partner Bad und Schlafzimmer weiter teilen sollten. Denn wenn räumliche Nähe auf der einen Seite ein Gefühl von Sicherheit vermittelt, kann sie auf der anderen Seite auch zur psychischen Belastung werden. Viele Angehörige finden es deshalb für sich wichtig, zu Hause oder in der Pflege-Einrichtung einen Raum zu haben, in dem sie sich zwischendurch allein zurückziehen, weinen, durchatmen und Kraft sammeln können, bevor sie wieder für ihre Lieben da sind.