Schmerz erkennen und handeln: Teil 2

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Schmerz erkennen und handeln: Teil 2

Letzte Woche ging es im ersten Teil des Artikels „Schmerz erkennen und handeln“ um die Folgen von Schmerz, die Ursachen sowie Beobachtungsfaktoren, welche wichtige Informationen für pflegende Angehörige notieren können, um die Schmerzdiagnose zu unterstützen.
Im zweiten Teil werden die Einschätzung der Schmerzstärke, die Ergebnisse der Studie der OSiA sowie ZOPA, dem Zürich Observation Pain Assessment, genauer beleuchtet.

Nach McCaffery und Pasero gibt es 5 hierarchische Möglichkeiten zur Einschätzung der Schmerzstärke:

• Selbstauskunft der Patienten (bei fortgeschrittenem Stadium der Demenz schwierig).
• Wenn Situationen eintreten, welche typischerweise Schmerz verursachen, dann ist davon auszugehen, dass der/die Betroffene Schmerz empfindet.
• Beobachtung des Verhaltens (dazu näheres bei ZOPA)
• Einschätzung durch pflegende Angehörige – Studienergebnisse zeigen, dass hier die große Gefahr der Unterschätzung besteht.

OSiA

Die Bezeichnung OSiA steht für “optimiertes Schmerzmanagement in Altenpflegeheimen” und ist eine österreichweite Studie, die vom Institut für Pflegewissenschaft und -praxis, in Kooperation mit dem Salzburger Universitätsklinikum für Geriatrie bzw. dem Lehrstuhl für Geriatrie an der PMU (Paracelsus Medizinische Universität) durchgeführt wird. Partner des wissenschaftlichen Projekts ist die SeneCura Kliniken- und HeimebetriebsgmbH, Österreichs größter privater Pflegeheimbetreiber.

Studienergebnisse

Rund 50 bis 80 Prozent der PflegeheimbewohnerInnen haben Schmerzen. Schmerzen gehören im Alter einfach dazu sagen (68 Prozent) viele Befragte. Oder, dass sie Schmerzen verschwiegen hätten (40 Prozent), um den Pflegenden nicht zur Last zu fallen. Es besteht auch die Angst, aufgrund der Schmerztherapie eine Abhängigkeit zu entwickeln.
Eine weitere Erkenntnis der Forschenden ist, dass zusätzlich zu den oben genannten Auswirkungen PflegeheimpatientInnen ohne Schmerztherapie, einen signifikant niedrigeren MMST-Score (Mini-Mental-Status-Test; stellt kognitive Defizite fest), als PatientInnen, mit Schmerztherapie haben. D.h. die kognitiven Einschränkungen, welche den Alltag erschweren sind deutlich höher.

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass insbesondere Pflegekräfte, sinngemäß auch pflegende Angehörige, da sie die ersten AnsprechpartnerInnen für die Betroffenen sind, besonders geschult werden müssen, um Schmerz erfassen zu können.

ZOPA

Zopa-Zürich Observation Pain Assessment- ist ein standardisiertes Instrument, um bei kognitiven Einschränkungen Hinweise zu erlangen, ob Schmerz besteht.
Wesentlich ist, die Einschätzung kontinuierlich und auch mehrmals täglich durchzuführen, um zu einem verwertbaren Ergebnis zu kommen. Diese Parameter können pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz, welche nicht mehr in der Lage sind, selbst zu sagen, ob, wo und wieviel es weh tut, nutzen, um dem Arzt/der Ärztin wertvolle Hinweise für eine Schmerztherapie zu geben. Denn Schmerzmittel ist nicht gleich Schmerzmittel. Es gibt Spezialisten für Schmerztherapie. Diese berücksichtigen auch Wechselwirkungen mit den bestehenden Medikamenten, denken an eine entsprechende Begleittherapie und wissen, dass manche Medikamente im Alter nicht mehr angewendet werden sollen.

Beobachtet werden:
• Lautäußerungen wie Stöhnen oder Klagen,
• der Gesichtsausdruck – ist er verzerrt, gequält, werden die Zähne zusammengepresst oder ist Tränenfluss zu beobachten,
• die Körpersprache – besteht Ruhelosigkeit, oder kann das Reiben eines Körperteiles beobachtet werden, ist die Körperhaltung angespannt,
• und physiologische Indikatoren wie Blutdruck, Puls, Atemfrequenz, Schwitzen oder Röte.

Schmerz kann sich bei Menschen mit einer dementiellen Erkrankung in Seufzen, Jammern, Schreien, in Hilferufen, Schaukeln/Wippen, oder der plötzlichen Beendigung von Routinetätigkeiten äußern. Schmerzfolgen, wie Bewegungseinschränkung, sozialer Rückzug, Appetitlosigkeit, verstärkte Unruhe, verminderter Schlaf und durch die mangelnde Erholung, weniger Energie tagsüber erschweren die herausfordernde Pflege eines Menschen mit Demenz zusätzlich. Deshalb ist es besonders wichtig auf all diese Symptome zu reagieren und im Hinterkopf die Frage zu behalten – besteht vielleicht Schmerz?

Pflegende Angehörige spielen eine wichtige Rolle, in der Schmerztherapie für Menschen mit Demenz. Oft sind sie die Schlüsselperson, welche durch ihre aufmerksamen Beobachtungen den Anstoß gibt, eine Schmerztherapie einzuleiten.

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